Brot der Hoffnung
Ein Professor der Medizin stirbt, und seine drei Söhne lösen
seinen Haushalt auf. Die Mutter war schon lange vorher gestorben, und der Vater
hatte mit einer langjährigen Haushälterin allein gelebt. Im Arbeitszimmer des
Vaters fanden die Söhne neben vielen wertvollen Dingen in einem Schrank ein
steinhartes, vertrocknetes, halbes Brot. Die Haushälterin wusste, was es damit
auf sich hatte.
In den ersten Jahren nach dem Krieg war der Professor
todkrank. Da schickte ihm ein guter Freund ein halbes Brot, damit der Professor
etwas zu essen hatte. Der aber dachte an die viel jüngere Tochter eines
Nachbarn und ließ dem Mädchen das Brot schicken. Die Nachbarsfamilie aber
mochte das wertvolle Brot nicht für sich behalten und gab es weiter an eine
arme alte Witwe, die oben im Haus in einer kleinen Dachkammer hauste. Die alte
Frau aber brachte das Brot ihrer Tochter, die mit zwei kleinen Kindern ein paar
Häuser weiter wohnte und nichts zu essen hatte für die Kinder. Die Mutter
dachte, als sie das Brot bekam, an den Medizinprofessor, der todkrank lag. Sie
sagte sich, dass er ihrem Jungen das Leben gerettet und kein Geld dafür
genommen hatte. Nun hatte sie eine gute Gelegenheit, es ihm zu danken, und ließ
das Brot zum Professor bringen.
«Wir haben das Brot sofort wiedererkannt», sagte die
Haushälterin, «unter dem Brot klebte immer noch das kleine Papierstückchen.»
Als der Professor sein Brot wieder in der Hand hielt, sagte er: «Solange noch
Menschen unter uns leben, die so handeln, braucht uns um unsere Zukunft nicht
bange zu sein. Dies Brot hat viele satt gemacht, obwohl keiner davon gegessen
hat. Dies Brot ist heilig. Es gehört Gott!» So legte er es in den Schrank. Er
wollte es immer wieder ansehen, wenn er mal nicht weiterwusste und die Hoffnung
verlor. Es war das Brot der Hoffnung.
«Gott aber, der dem Sämann Saat und Brot schenkt, wird auch
euch Saatgut geben. Er wird es wachsen lassen und dafür sorgen, dass eure
Opferbereitschaft Früchte trägt. Ihr werdet alles so reichlich haben, dass ihr
unbesorgt weitergeben könnt. Außerdem würden wir auf diese Weise dazu
beitragen, dass viele Gott danken.»
