Ach, wie gut
Wir kennen das Märchen vom Rumpelstilzchen. Ein kleiner Mann
tanzt nachts im Wald um ein Feuer herum. Er ist ganz allein und singt: «Ach,
wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß!» Die verschwiegene
Freude daran, dass niemand seinen Namen, seine Identität kennt, lässt den Mann
um sein Feuer herumtanzen. Wir kennen die Freude daran, dass wir nicht allen
offenbar sind.
Unsere Träume und Begierde, Sehnsüchte und Gedanken, Worte
und Wege, Taten und Unterlassungen sind verborgen. Ach, wie gut, dass nicht
jeder weiß, wer wir im Inneren sind. Aber irgendwann ist das Feuer
heruntergebrannt, schmutzige Asche und traurige Dunkelheit bleiben zurück.
Niemand singt und keiner tanzt. Weinend erhebt sich die Klage: «Ach, wie
schlimm, dass niemand weiß, wie ich wirklich heiß!»
Einsamkeit ist nicht eine Frage von Stimmungen oder Alleinsein. Einsamkeit ist
die Erfahrung, sich letztlich niemandem offenbaren zu können, niemandem seinen
Namen sagen zu können. Wenn wir nicht sagen können, was uns zerreißt, bedrückt,
kränkt oder auffrisst, dann sind wir todeinsam. Darum möchte ich eine dritte
Version des Liedes anbieten: «Ach, wie gut, dass einer weiß, wie ich wirklich
heiß!» Wenn wir Jesus unser Leben offenbaren, ihm sagen, wer wir letztlich sind,
wie wir leben, was uns bewegt und umtreibt, wird er uns empfangen und
verstehen. Sein Kennen aber ist sein Lieben. Wenn wir Jesus sagen, was wirklich
ist, was unsere Hände getan, unsere Augen gesehen, unsere Köpfe gedacht, unsere
Münder geredet, unsere Seelen begehrt haben und unsere Füße für Wege gegangen
sind, dann wird er uns eintauchen in seine Barmherzigkeit und Versöhnung. Wir
dürfen in Wissen und Lieben Einswerden mit Gott, mit uns und den anderen.
«Ach, wie gut, Herr, dass du weißt, wie ich wirklich bin,
und mich so liebst und mir alles vergibst!»
«Herr, du durchschaust mich, du kennst mich durch und durch. Von allen Seiten
umgibst du mich und hältst deine schützende Hand über mir.»