Die besten Waffen
Als Gott die Welt erschaffen hatte, freute er sich über alle
seine Werke. Jedes Wesen hatte seine Bestimmung, und alle Geschöpfe lebten
fröhlich in ihrer Eigenart. Nur das Lamm lag traurig vor dem Throne Gottes und
konnte die Freude der anderen Geschöpfe nicht teilen. Gott bemerkte das Leid
des Lammes und fragte es: «Was fehlt dir, dass du so traurig und
niedergeschlagen bist?»
«Ach, mein Gott», antwortete das Lamm seufzend, «wie kann
ich vergnügt und fröhlich sein, wenn ich schwach und hilflos bin. Warum bin ich
so anders unter deinen Geschöpfen? Warum gabst du mir nicht Waffen zur
Verteidigung wie allen anderen Tieren? Spitze Hörner und scharfe Klauen,
kräftige Rüssel und giftige Zähne, schnelle Beine und breite Flügel haben
andere Tiere. Sie alle können sich retten durch Klettern und Laufen, Fliegen
und Tauchen, Beißen und Stechen, Fangen und Rauben. Aber ich bin wehrlos in
der großen Welt und der Willkür meiner Feinde ausgesetzt.»
Gott hörte die Klagen des Lammes und gab ihm recht: «Ich überlasse dir die
Wahl. Möchtest du Krallen, Nägel, scharfe Zähne, ein Geweih oder Rüssel, Flügel
oder Flossen?» - «Ach nein, mein Gott. Solche gefährlichen Waffen verletzen.
Ich möchte dich um die besseren Waffen bitten, mit denen ich das Böse und den Feind
wirklich überwinden kann!» - «Deine Bitte ist gerecht, darum will ich sie dir
erfüllen. Ich gebe dir hiermit die besten Waffen, mit deren Hilfe du alles
überwinden und besiegen kannst!» Und Gott gab dem Lamm seine besten Gaben,
nämlich Sanftmut, Hingabe und Geduld.
(Nach einem jüdischen Märchen)
Die besten Waffen sind nicht Raub und Gewalt, Schnelligkeit oder Stärke, Reißen
oder Schlagen. Sie haben immer nur neues Unglück, noch mehr Not und Leid,
Zerstörung und Feindschaft hervorgebracht. Die besten Waffen wählte Jesus, das
Lamm Gottes, zur Überwindung alles Bösen, des letzten und schlimmsten Feindes,
der größten Macht: seine Hingabe in Liebe und sanfter Geduld. So überwand Gott
den Hass und den Tod, den Teufel und das Gericht.
«Allein dem Lamm, das geopfert wurde, gehören alle Macht und aller Reichtum.
Christus allein gehören Weisheit und Kraft, Ehre, Herrlichkeit und Anbetung!»
Quelle: Axel Kühner, Überlebensgeschichten für jeden Tag, Aussaat Verlag