Ich habe gehorcht!
Der Überlinger Philosoph Leopold Ziegler bestimmte schon bei
Lebzeiten den Spruch für seinen Grabstein. Dort sollte einmal nach seinem
Willen stehen: «Ich habe gehorcht!» Ziegler meinte damit wohl zwei Dinge, die
im Leben zusammen gehören. Mein Leben ist ein Horchen, Wachen, Warten,
Empfangen und Lauschen. Mit dem Hören und Horchen, Stillewerden und
Empfänglichsein beginnt das Leben.
Aber dann auch das andere. Leben ist Gehorchen und Handeln,
Aktivwerden und Schritte wagen.
In dieser Spannung von Besinnen und Beginnen, Ruhen und Tun,
Horchen und Gehorchen wollte Ziegler sein Leben verstanden wissen.
Schweigen und Horchen fällt uns oft schwer. Warten und Offensein macht uns
Mühe. Was uns so leicht dünkt, einfach nichts zu tun, nicht rennen, nichts in
die Hand nehmen, ist bisweilen das Schwerste. Dabei ist Schweigen viel mehr als
Nichtreden. Es ist die aktive Haltung aufmerksamer Bereitschaft. Es ist das
bewusste Hinhören und Empfangenwollen. Dabei ist Warten mehr als ein
Nichthandeln. Es ist die angespannte Wachsamkeit, die auf Kommendes wartet und
mit Neuem rechnet.
Mit Horchen und Warten muss alles Gehorchen und Handeln beginnen.
«Kehrt doch um zu mir, und werdet ruhig, dann werdet ihr gerettet! Vertraut
mir, und habt Geduld, dann seid ihr stark!»
Quelle: Axel Kühner, Überlebensgeschichten für jeden Tag,
Aussaat Verlag