Schafskopf
Pieter Bruegel (1525-1569) wurde auch «Bauern-Bruegel»
genannt, weil er aus einer Bauernfamilie stammte und auf vielen seiner Bilder
das dörfliche Leben dargestellt hat. - Als er als Künstler weltberühmt war,
wurde er auf einer großen und vornehmen Festlichkeit in Brüssel von einem
Edelmann spöttisch gefragt: «Herr Bruegel, tut es Ihnen nicht manchmal weh,
dass Sie eine so entsetzliche Jugendzeit erleben mussten? Ich hörte, dass Sie
Jahre hindurch nur stumpfsinnige Schafe hüten mussten?» Bruegel sah den Spötter
scharf an und entgegnete ihm: «Wissen Sie, bei den Schafen, da lernt man das
Leben, und vor allem erkenne ich seitdem jeden Schafskopf auf den ersten
Blick!»
Wer möchte schon ein Schafskopf sein? Und doch steckt hinter der abschätzigen
Bewertung der Schafe ein Irrtum, denn bei den Schafen lernt man etwas
Wesentliches über das Leben: Leben ist angewiesen und bezogen, Leben ist
Kommunikation und Verbindung. Alle anderen Tiere sind auf den ersten Blick
besser dran. Der Löwe hat seine Kraft, der Gepard seine Schnelligkeit, der
Hirsch sein Geweih, die Schlange ihren Giftzahn, der Igel seine Stachel, das
Pferd seine Rasse. Das alles hat ein Schaf nicht. Darum gilt es als dumm und
schwach. Und doch ist es besser dran als alle, denn es hat einen Hirten, der
für es sorgt und handelt, das Schaf begleitet und schützt. Schafe müssen nicht
kämpfen, sie werden gehütet und versorgt, gepflegt und geweidet, bewacht und
geliebt. Der Hirte kennt jedes einzelne Schaf. Er trägt die kleinen und leitet
die großen, versorgt die kranken und schont die müden Schafen. - Wohl dem, der
ein Schaf ist und einen guten Hirten hat!
Jesus sagt: «Ich aber bin der gute Hirte und kenne meine Schafe, und sie kennen
mich.»
